Blue Flower

Die Augsburger Münzstätten … heute weitgehend unbekannt

Von Dr. Thomas-Michael Kahl, Numismatische Gesellschaft Speyer

 

Der Vorgang der Verleihung des Münzrechtes an die Stadt Augsburg im Jahr 1522 ist sehr ungewöhnlich, da es mit der bischöflichen Münze (Bischof Christoph von Stadion, 1517 - 1543) und der Reichskammermünze (Eberhard IV von Eppstein-Königstein, Münzherr in Augsburg 1515 - 1535) in Augsburg bereits zwei bestehende Münzstätten gab.

Die genaue Lage der Münzstätten der drei Münzberechtigten in der Stadt Augsburg lässt sich durch Hinweise in der zeitgenössischen Literatur auch heute noch relativ genau ableiten.

 

Bischöfliche Münze:
Der erste Hinweis auf die genaue Lage der bischöflichen Münzstätte in Augsburg im Jahre 1388 bezieht sich interessanterweise auf ihre Zerstörung. Bischof Burkhard von Ellerbach (Augsburger Bischof 1373 – 1404) rang während seiner gesamten Amtszeit mit dem Rat der Stadt Augsburg um die Vormachtstellung in der Stadt. Burkhard stellte sich während des Städtekriegs zwischen dem Schwäbischen Städtebund und den bayerischen Herzögen auf die bayerische Seite und setzte in Folge die Waren Augsburger Kaufleute entgegen geltenden Absprachen in Füssen fest. Daraufhin zerstörten aufgebrachte Augsburger Bürger das Münzgebäude, „welches damals auf dem Perlachplatz neben der (alten) Metzg gestanden“ [1, 3, 4] und plünderten die bischöfliche Pfalz. Nach Beendigung des Städtekriegs musste die Stadt Augsburg Bischof Burkhard auf kaiserliche Anordnung hin für die angerichteten Zerstörungen entschädigen. Die Münzstätte wurde an gleicher Stelle wieder aufgerichtet.
1429 verlegte der Rat der Stadt mit Einwilligung Bischof Peter von Schaumberg (Augsburger Bischof 1424 – 1469) „das an das alte Tanzhaus stoßende bischöfliche Münz-Haus in das der St. Johannis-Pfarr gegenübergelegene Haus [2]“. Das alte Tanzhaus und angrenzende Gebäude (altes Brothaus, alte Metzg, Münze) wurden abgerissen und durch den „Neuen Bau“ (heute Rathausplatz 8, Eckerle Herrenmoden) ersetzt [8]
Die heutige Johannisgasse liegt im Bereich der ehemaligen Dompfarrkirche St. Johannis (zwischen Hafnerberg und Peutingerstrasse) und grenzt im Norden an den Fronhof [8]
1447 verpachte Bischof Peter von Schaumberg Münze und Waage für 2000 Gulden auf lebenslang an den reichen Augsburger Bürger Peter von Argon und seine Söhne Anton, Sigmund und Jakob. „Der von Argon verlegte die Münze hernach in sein Haus auf dem Weinmarkt, wo noch dermalen die bischöfliche Waage stehet“ [1, 2,3]. Die bischöfliche Fronwaage (Stadtwaage) befand sich am Weinmarkt (Haus Lit. A21, heute Maximilianstraße 55).  Heute befinden sich in dem Gebäude eine Filiale der Oberbank AG und das Restaurant Mille Miglia.
Zu einem unbekannten Zeitpunkt wahrscheinlich schon 1452 mit dem Tod von Peter von Agon fiel das Münzrecht an Bischof Peter von Schaumberg zurück, der aber die Münzstätte im von Argon‘schen Haus vermutlich zunächst weiterbetrieb.
1462 kamen kaiserliche Kommissare nach Augsburg und beschlagnahmten die von Argon‘schen Häuser nebst Waage und Münze, weil sich die Familie von Argon auf die Seite des bayerischen Herzogs Ludwig IX, dem Gegner Kaiser Friedrich III im Bayerischen Krieg (1461 – 1463) gestellt hatte [2]
Spätestens danach verlegte Bischof Peter von Schaumberg die Münzstätte zurück in das Haus bei der Dompfarrkirche St. Johannis, denn es heißt, zeitgleich mit der Aufnahme der Prägetätigkeit der Stadt Augsburg: „Der damalige Bischof Christoph (von Stadion, 1517 – 1543) welcher eben im Jahr 1522 die Münzstätt, die schon lange nicht mehr in dem Argonischen Hause gewesen, von dem Fronhof in die Pfalz verlegen lassen …“[1, 2, 3].
1527 endet die Münztätigkeit der Augsburger Bischöfe in der Augsburger Münzstätte. Die Münzstätte wird aufgegeben [1].

Reichskammermünze:
Über die Lage der Münzstätte der Reichskammermünze, die in Augsburg zunächst unter Graf Eberhard IV von Königstein (1515 – 1533) und anschließend unter Graf Ludwig II von Stolberg (1544 – 1562) betrieben wurde, ist sehr wenig bekannt [1]
Es gibt allerdings einen indirekten Hinweis, der sich aus dem Lebenslauf von Hans Apfelfelder ergibt, der von 1544 – 1546 als Münzmeister in Personalunion den Reichskammermünzen in Augsburg und Nördlingen vorstand. „Nach den Einträgen war Apfelfelder in der Zeit von 1545 bis 1550 in Augsburg ansässig. Er bewohnte mit Hans Bodmair das am Hinteren Lech gelegene Haus C360/1, in dessen Nähe die alte Münze stand.“ [5]
Das Haus C360 (heute Mittlerer Lech 13) gehörte ab 1612 auch zur neuen Münzstätte der Städtischen Augsburger Münze. Das deutet meines Erachtens daraufhin, dass zuvor auch die Reichskammermünze im selben Gebäudekomplex beheimatet war.
1562 wurden die letzten Münzen in der Reichskammermünze in Augsburg geschlagen. Die Münzstätte wurde aufgegeben.

Städtische Münze:
Der Rat der Stadt Augsburg lässt unmittelbar nach Verleihung des Münzrechtes 1522 ein Münzgebäude in der Nähe der Barfüsserkirche, neben dem Barfüssertor bauen. [1, 2, 6]
Das „Stadt Münzhaus im Fischgrab“ ist im historischen Augsburger Stadtplan des Wolfgang Kilian von 1626 mit dem Kürzel „M153“ gekennzeichnet. Das Münzhaus stand im Fischgraben, hinter der St. Jakobspfründ (dem heutigen Jakobsstift). Die ehemalige Lage des nicht mehr vorhandenen Gebäudes wird im neuzeitlichen Stadtplan durch am besten durch die Adresse „Im Oberen Graben 4“ beschrieben.

Mit wachsender Münzproduktion in der Städtischen Münze und fortschreitender Mechanisierung der Münzprägung wurde das Münzhaus im Fischgraben zu klein. Der Rat der Stadt Augsburg kaufte 1612 „das am Mittleren Lech Lit. C Nr. 360/361 gelegene geräumige Anwesen, dessen Hof und Nebengebäude sich bis an den hinteren Lechkanal erstreckten. Da die bisherige Münzstätte im Fischgraben für die rege Prägetätigkeit zu klein geworden war, verlegt man sie in diese neu entstandenen Gebäude, wo das Münzwesen gleichfalls mit Wasserkraft betrieben werden konnte und in dem auch die städtische Münzmeister wohnten
„Das „Stadt Münzhaus am Lech“ ist im historischen Augsburger Stadtplan des Wolfgang Kilian von 1626 mit dem Kürzel „M152“ gekennzeichnet

Die neue Münzstätte der Stadt Augsburg blieb bis zum Wegfall der Reichsfreiheit und Verlust des Münzrechts an Bayern als eine der drei Kreismünzstätten des Schwäbischen Reichskreises durchgehend in Betrieb. Die letzten Augsburger Stadtmünzen wurden 1805 geschlagen.1816 verkaufte die königliche bayerische Finanzdirektion das gesamte Areal.
Heute dient das Gebäude Mittlerer Lech 13 als Haus der Katholischen Studentenverbindung Ludovicia [7]


Literaturverzeichnis:
[1] Johann Georg Meusel (Herausgeber) „Historische Abhandlung von dem Münzwesen der Reichsstadt Augsburg“, Augsburg 1780
[2] Paul von Stetten „Geschichte der heil. Röm. Reichs Freyen Stadt Augsburg …“, Frankfurt und Leipzig 1743
[3] Dr. Beyschlag „Versuch einer Münzgeschichte Augsburgs in dem Mittelalter“, Stuttgart 1835
[4] Dirk Steinhilber „Geld- und Münzgeschichte Augsburgs im Mittelalter, 5./6. Ausgabe1954/55
[5] Max Bernhard „Die Münzen und Medaillen der Stadt Kaufbeuren ….“ M.d.B.N.G. Band 40/41, 1922/1923
[6] Paul von Stetten „Beschreibung der Reichs-Stadt Augsburg nach ihrer Lage ..“, Augsburg 1788
[7] http:/ludivicia/geschichte
[8] Günther Grünstreudel, Günter Hägele, Rolf Frankenberger „Stadtlexikon Augsburg“, Wissner Verlag 2022